Am Feldschlößchen

Geschichte

Es gibt Straßennamen, die ein gewisses Umfeld vermuten lassen und dem entstandenen Anspruch nicht gerecht werden können. Feldschlößchen beispielsweise erinnert an weite Felder, die golden im lauen Sommerwind wiegen und irgendwo ein idyllisches kleines Schloss umspannen. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Anstelle der vermuteten Felder findet man hier gerade einige Bäume entlang der Böschung zur Spree auf der einen und gepflegte Vorgärten auf der anderen Seite. Einige Schlösschen gibt es hier allemal unter den Villen, deren Lage einen wunderbaren Blick auf die Bautzener Altstadt garantieren. Einige Meter weiter befinden sich Treffpunkt und Gästehaus der Landeskirchlichen Gemeinschaft.
Genau hier findet sich auch der Ursprung des Namens Am Feldschlößchen. Als sich tatsächlich noch Felder bis an den westlichen Horizont erstreckten, befand sich hier eine „Restauration zum Feldschlößchen“. Viele Bautzener, die bei ihrem Spaziergang über die Heilige-Geist- oder die Scharfenweg-Brücke kamen, kehrten hier ein, um den Blick auf das gegenüberliegende Spreeufer zu genießen. Zu Zeiten, als man noch in der Spree baden konnte, entstanden an den Gärtnereien Mulansky und Droschütz, am Fuße des Feldschlößchens, Badeanstalten und die Verbindung zwischen Gastronomie und Badespaß hat gewiss schon damals bestanden. Sicherlich war hier auch der beste und bequemste Aussichtspunkt, um zwischen 1908 und 1909 die Arbeiten an der Kronprinzenbrücke zu beobachten.
1896 gründete sich hier die erste kulturelle Organisation des Bautzener Proletariats, der Arbeitergesangsverein „Lied hoch“. Aber auch Politik wurde hier gemacht, so beispielsweise ab 1872 durch den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ oder die Sozialistische Arbeiterpartei, die sich bis zur Jahrhundertwende hier traf. 1902 gründete sich der Radfahrerverein „Frisch auf“ und hielt hier neben Versammlungen sogar Übungsstunden ab.

Aus der einem Landgasthof ähnelnden „Restauration zum Feldschlößchen“ wurde später die „Spreeterasse“ und Woche für Woche fanden Tanzlustige hier ein Domizil. Doch auch die Tanzmusik verstummte und so zog vor mehr als 100 Jahren die landeskirchliche Gemeinschaft in die Gebäude Am Feldschlößchen 6 ein. Der Name des Straßenzuges ist jedoch geblieben, obwohl niemand genau zu sagen vermag, wann er erstmals in den Stadtplänen Beachtung fand.

Autor: Stadtverwaltung Bautzen, André Wucht